Wohnen an der Schlossallee

Bereits Ende letzten Jahres wurde gut die Hälfte des Schrebergartenwegs neu asphaltiert und so die Zufahrt zum Pumpenhaus annähernd schlaglochfrei. Wir waren zunächst ein wenig enttäuscht, dass die schöne neue Fahrbahndecke 50 Meter vor unserem Haus endete und wir weiterhin mit dem alten Belag vorlieb nehmen mussten.
Wir erklärten uns das mit dem etwas unklaren Status unseres Abschnitts des Schrebergartenwegs als „nicht öffentlicher“ Weg, der aber aber als Zufahrt zu den Schebergärten und unerem Domizil dient.

Umso erstaunter waren wir, als wir plötzlich ein liebevolles Schreiben der Stadt Heidelberg erhielten, dass unser Auto eventuell im Weg sein könnte – und waren gespannt, was auf uns zukommen sollte.

Tatsächlich rückte ein Bagger samt Personal an und machte sich an Grabungen rund um die Doppelschikane, die schon so manchen Auto- und Radfahrer herausgefordert hat. Als dann die freundlichen Arbeiter noch nachfragten, wie sie unseren Stellplatz denn gestalten sollen ob wir auch einen befestigten Zugang zu unserem Gartentor haben wollen, kannte unsere Begeisterung für diese Baustelle keine Grenzen mehr. Uns wurde in Aussicht gestellt, dass, wenn alles nach Plan laufen würde, die Arbeiten binnen drei Tagen abgeschlossen wären. Nun läuft es bekanntlich nie nach Plan und so war es auch bei dieser Baustelle.

Der Bagger förderte eine Grube mit Schachtdeckel zutage, von deren Existenz weder wir noch das Straßen- und Tiefbauamt Kenntnis hatte. Wir mussten natürlich nachschauen, was es mit dem unterirdischen Bauwerk auf sich hat.

Anscheinend diente der versteckte Schacht als T-Kreuung für das Brunnenwasser zwischen den beiden Pumpenhäusern und dem Wasserturm (heute Tankturm). der Schacht weist das Datum 16.04.1954 auf, ist etwa zwei Meter tief und sorgfältig gemauert. Eigentlich schade, dass dieses Bauwerk nur kurz ans Tageslicht kam. Schon ein paar Tage später wurde die erste Schicht Asphalt über den Schacht gelegt und der Belag der Kurve abgefräst.

 

 

 

Dann passierte eine gute Woche gar nichts und als wir schon wieder unser Auto in die Einfahrt stellen wollten, kam dann doch noch die finale Fahrbahndecke auf unsere Zufahrt und den Schrebergartenweg. Jetzt ist leider auch der schöne alte Schachtdeckel wieder versteckt – mal sehen, bei welchen Ausgrabungen er jemals wieder zum Vorschein kommt.

Art déco wird Bad-Deko

Im ehemaligen Werkstattbereich des Pumpenhauses hing eine HORAX-Wandleuchte, die wir 2012 noch vor der Kernsanierung in Sicherheit gebracht haben.

Wandleuchte

Die Winterabende vor dem Ofen bieten sich sehr an, kleinere Restaurationsarbeiten in Angriff zu nehmen und so haben wir letztes Wochenende dieses Fundstück wiederbelebt.

    Nun hängt die HORAX-Wandleuchte wieder fast an der gleichen Stelle im Pumpenhaus, wo sie schon vor über hundert Jahren angebracht wurde, dient uns aber ab sofort als Spiegelleuchte im Bad im Erdgeschoss.

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Kunst am Bau

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Als wir das Pumpenhaus im Sommer 2011 zum ersten Mal von Innen besichtigten, fiel uns gleich der Erdungsplan neben den Transformatoren ins Auge. Der auf dieser gerahmten Tuschzeichnung gezeigte Grundriss des Gebäudes war der einzige Plan, den wir, vor Aufmaß und Entwurfsplanung durch Nicole Manz aus München, hatten.

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Diese Bild haben wir seitdem gut verwahrt und gestern vorsichtig gereinigt und wieder im Pumpenhaus aufgehängt. Wofür Regentage doch gut sind.

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Waschzwang

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Die alten Glasbausteine wurden von unseren Vorbesitzern auf einer Seite mit einer sehr hartnäckigen Farbschicht geschwärzt. Normalerweise haben wir schwarze Dinge sehr gerne, aber hier soll diese über 100 Jahre alte Farbe entfernt werden.

IMG_5585 Unsere Chemiker im Freundeskreis waren sich schnell einig, dass eine Mischung aus Isopropanol und Kaliumhydroxid uns dabei helfen würde.

Wir haben uns ein entsprechendes Chemielabor eingerichtet und den Zaubertrank zubereitet. In der Tat löst dieser nach einem 48stündigen Bad die Farbe weitestgehend ab.

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Die letzten Reste lassen sich im Wasserbad mithilfe eines Putzschwamms gut entfernen. Im Ergebnis erhalten wir klare Glasbausteine.

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Nur eine Idee, wo und wie wir sie verbauen können, fehlt uns noch…

Scherben bringen Glück

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In der Nordwand waren, hinter den Transformatoren, alte Glasbausteine in die Ausfachungen gebaut worden. In der Rohbauphase haben wir diese Glasbausteine herausgebrochen und die drei Ausfachungen mit alten Ziegelsteinen aus dem Haus aufgemauert. Viele der Glasbausteine gingen bei dieser Arbeit zu Bruch, einige aber konnten sich vom Zement trennen lassen und wir haben sie aufgehoben. Nun lagen diese Steine über ein Jahr im Garten auf einer Palette und wir überlegten, ob wir sie entsorgen sollten, etwas daraus bauen könnten oder sie über ebay zum Kauf anbieten sollten.

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Nach kurzer Internetrecherche waren wir doch erstaunt. Unsere Glasbausteine nennen sich „Falconnier Nr. 8„. Um 1900 waren diese mundgeblasenen Steine wohl eine Sensation und wurden auf der Weltausstellung in Paris vorgestellt und prämiert. Heute können einzelne Steine im Museum Of Modern Art in New York und in der Pinakothek der Moderne in München bewundert werden.

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Wenn wir das geahnt hätten, wären wir vorsichtiger mit diesem besonderen Baustoff umgegangen und hätten vielleicht noch mehr Exemplare unbeschädigt retten können.

Nun werden wir unsere Glasbausteine sorgfältig reinigen und uns dann überlegen, was wir daraus bauen können. Ideen sind herzlich willkommen!

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Denkmal

Es gibt immer noch viel zu tun am und im Pumpenhaus aber es findet sich endlich wieder Zeit für andere Dinge, z.B. einen Besuch in der Stadtbücherei Heidelberg. Dort steht das zweibändige Werk „Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Stadtkreis Heidelberg“
der Reihe „Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland“. Auf Seite 2858 gibt es einen bebilderten Eintrag zu unserem Pumpenhaus.

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Eine schöne und informative Beschreibung, die, was die Darstellung der Brunnennutzung angeht, noch um folgende Information ergänzt werden sollte: Der Brunnen diente zur Wasserversorgung der Dampflokomotiven und war zudem angeschlossen an den Brauchwasserring des Güter- und Rangierbahnhofs. Eine Rohrleitung führte bis zum Wasserturm, der zwischen Bahnbetriebswerk und dem Hauptbahnhof Heidelberg steht.

Diese Wasserleitung erklärt, warum auch nach 1955 (letzter Regeleinsatz von Damfloks in Heidelberg) das Pumpenhaus in Betrieb war.

Quellenangabe: Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Stadtkreis Heidelberg,
Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg.
2 Bände, 1220 Seiten und zahlr. farbige Abbildungen, Pläne.
ISBN 978-3-7995-0426-3, Jan-Thorbecke-Verlag Ostfildern.

Archäologie für Anfänger

Die in der alten Bodenplatte verbauten Eisenbahnschienen geben uns einen Hinweis, wie alt unser Pumpenhaus ist. Die über vier Meter langen Eisenträger weisen ein Walzzeichen des Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlfabrikation (BVG) aus dem Jahre 1886 auf. Wir können also davon ausgehen, dass das Gebäude nach diesem Jahr gebaut wurde.

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Scratching is not a crime!

mauer-scratch-12Sollten wir dem Online-Lexikon Wikipedia Glauben schenken, ist Scratchen oder Scratching ein Variante von Graffiti und somit ein Bestandteil von Streetart, sprich Kunst. Angeblich soll sich diese künstlerische Ausdrucksform Mitte der 1990er in den New Yorker U-Bahnen entwickelt haben. Hier müssen wir widersprechen! Unser Pumpenhaus ist mit gelblichen Ziegeln ausgefacht. Bis zu einer Höhe von 2,50m sind so gut wie alle Steine mit Namen, Symbolen und Jahreszahlen geritzt bzw. gescratcht.
Wir wissen nicht genau, wann das Pumpenhaus errichtet wurde, aber der älteste Scratch an der Fassade stammt von 1925.

Anscheinend war das Pumpenhaus über alle Jahre Teffpunkt für Liebende, die sich Ihre Zuneigung und Treue (und ihre Trennungen) in Steinschreiben wollten. Zudem gibt es an der Hauswand Kontaktanzeigen und einige Ideologiebekundungen und Todesanzeigen aus der Zeit des 2. Weltkriegs. Zu gerne würden wir wissen, wer „Lord Bimbel“ ist, der das Pumpenhaus seit den 30er Jahren regelmäßig besucht hat.

Hier eine Auswahl an Pumpenhaus-Steetart der letzten 100 Jahre:

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Wer lesen kann

…ist klar im Vorteil. Dieser im Werkstattraum gefundene Zettel deutet darauf hin, dass es im Jahre 1997 Leben im Lost Place gab. Leider werden wir nicht schlau aus den Aufzeichnungen, haben aber den Imker im Verdacht, der, nach Aussagen von Zeitzeugen, mehrere Jahre seine Bienenstöcke auf dem Gelände des Pumpenhauses aufgestellt hatte.